31. Funkstation Grimeton

Signale in die Welt

Eine Funkanlage als UNESCO Welterbe? Hm, als ich ganz zu Beginn meines Projektes die Welterbestätten überflogen habe, gehörte #Grimeton in die Kategorie „klingt nicht so spannend.“ Inzwischen weiß ich aber: Wo Welterbe draufsteht, ist immer etwas Spannendes drin! Deshalb war ich auch sehr erfreut, als eine Freundin, die ich in Schweden besuchte, vorschlug, sich die Anlage anzuschauen. Mein erstes Auslands-Welterbe! Und natürlich hat es sich wieder bewahrheitet: Staunen & Lernen!

Ein Wald aus Sendemasten

Es ist unübersehbar, dass wir uns der Sendeanlage nähern: Ein Sendemast reiht sich hinter den anderen. Grimeton liegt an der schwedischen Westküste. 2004, 80 Jahre nach ihrer Gründung, wurde die Station zum #Weltkulturerbe ernannt, als „bester Ort, um die Entwicklung der drahtlosen Kommunikation zu erleben und zu verstehen“. Die Älteren unter uns erinnern sich sicher an die Zeit, als wir uns noch mit Morsezeichen verständigten. Ok, zumindest ist uns das Morsen schon mal in dem einen oder anderen Zusammenhang begegnet, vor allem das berühmte SOS: dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz ( · · · — — — · · · ). Es rettete Seefahrer aus der Not, in Krimis machten Opfer, die wahlweise in Verliesen, Schränken, Gruben oder sonstigen ungemütlichen Orten gefangengehalten wurden, damit auf sich aufmerksam. Es gab immer jemanden, der das rhythmische Signal erkannte. Erstmalig wurde SOS 1909 gemorst: Der Passagierdampfer „RMS Slavonia“, war auf Grund gelaufen. Hilfe kam und alle Menschen an Bord wurden gerettet.

Grimeton hat den weltweit einzigen noch funktionierenden Alexanderson-Sender, einen Langwellen-Sender. Genauer: Längstwellen-Sender. Als er 1924 fertiggestellt wurde, war er tatsächlich einer von vielen Sendern zur Übertragung von Textnachrichten, die überall auf der Welt entstanden. Die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Technologie revolutionierte die Kommunikation. Eine rasante technische Weiterentwicklung führte bald zur Nutzung der effizienteren Kurzwellensender. Doch auch die beiden ursprünglichen RCA-Langwellensender blieben in Betrieb, zum einen als Backup, vor allem aber, weil ihre Eigenschaften die Funkübertragung zu U-Booten unter Wasser ermöglichten, was bis zum Ende des Kalten Krieges genutzt wurde.

So revolutionär wie das Handy

Heute schicken wir ganz selbstverständlich Nachrichten und Bilder um die ganze Welt – in Sekunden. Die Erfindung der Telegrafie war damals ein riesiger Entwicklungssprung. Unvorstellbar für uns, auf Boten angewiesen zu sein, die unsere Nachrichten zu Fuß oder mit dem Pferd transportierten oder sie per Kutsche oder Schiff in fernere Gegenden zu schicken, so dass sie Tage und Monate unterwegs waren. Nun war es möglich, Botschaften schnell über große Entfernungen zu übermitteln. Das verdanken wir dem amerikanischen Erfinder Samuel Morse, der 1837 den elektromagnetischen Telegrafen entwickelte. Damit konnten Nachrichten mittels elektrischer Signale gesendet werden, die auf einem Papierstreifen aufgezeichnet wurden. Wo wir heute einfach den Text in unsere Handys tippen, wurden die Mitteilungen damals in einem Code verschlüsselt, der aus kurzen und langen Signalen bestand – der berühmte Morse-Code. Morse arbeitet anfangs nur mit Zahlen, die dann beim Empfänger in Buchstaben übersetzt wurden. Den Code mit Buchstaben, den wir eigentlich als Morse-Code kennen, entwickelte ein Mitarbeiter von ihm rund ein Jahr später: Alfred Lewis Vail. Gesendet wurden die Nachrichten zu Beginn nur mittels Kabel, es entstanden überall Telegrafenmasten mit den entsprechenden Leitungen. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts telegrafierte man dann drahtlos über Funk.

In die Ferne schreiben

Das erste Telegramm aus Grimeton in die USA

Im Ersten Weltkrieg hatte Schweden die Erfahrung gemacht, wie schwer es mit den vorhandenen Technologien war, den Kontakt zur Außenwelt über weite Entfernungen aufrechtzuerhalten. Internationale Telegramme wurden meist per Kabel übermittelt, die anfällig und teuer waren, Funken ging in Schweden nur über kürzere Distanzen. Eine Lösung musste her, vor allem eine transatlantische Verbindung, und die hieß Grimeton. Man entschied sich für das System der Radio Corporation of America (RCA). Dahinter stand der gebürtige Schwede Ernst Alexanderson – das beeinflusste sicher die Entscheidung. Auch der Standort an der Westküste war klar: Hier gab es die kürzeste Entfernung zu den USA und das Signal konnte Norwegen, Dänemark und Schottland umgehen. Am 1. Dezember 1924 wurde erstmals von Grimeton aus über den Atlantik gesendet und die Station wickelte schnell 95 % des schwedischen Telegrammverkehrs in die USA ab. Nach durchschnittlich nur 17 Minuten traf ein normales Telegramm aus Schweden bei RCA in New York ein.

Ich will doch nur spielen…

Moderne Museen haben nichts mehr gemein mit dem langweiligen Vorbeimaschieren an staubigen Vitrinen oder endlosen Bildergalerien. Heute geht es darum, Kunst und Kultur erlebbar zu machen. So ist es auch bei allen bisher besuchten Welterbestätten: Es gibt multimediale Möglichkeiten, sich mit Kunst, Architektur oder wie hier in Grimeton, Technik, zu beschäftigen. So wird die Anlage auch für weniger an Technik Interessierte spannend. Zum Beispiel beim Thema Frequenzen: An dem eingebauten Gerät gibt es Auswahlmöglichkeiten für die verschiedenen Frequenzen, auf denen in unserer Umwelt kommuniziert wird: Von der Fledermaus bis zum Saturn.

Telegrafieren ausprobieren? An einem Pult kann man selbst ein Telegram erfassen, abschicken und anschließend ausdrucken. Allerdings nicht so ganz mühsam mit dem Morseapparat, sondern per Display.

Die Maschinenhalle: Und das alles geht heute per Handy…

Ich bin grundsätzlich von Technik fasziniert und beim Anblick alter Technologien kommt immer das Staunen über die Leistungen der damaligen Zeit hinzu. Hier ist Technik eigentlich viel greifbarer, als in unseren modernen minimalisierten Geräten. Vieles wird sichtbar, was heute im verborgenen Kleinstformat für uns arbeitet.

Ist doch ganz einfach…
Bloß nicht berühren – hier ist der Elektromagnet hinter Gittern

Und wozu ist der riesige Elektromagnet da? Schau’n mer mal:

In der Maschinenhalle stehen auch die modernen Varianten der Sender: deutlich kleiner und lange nicht so dekorativ.

Ziel: Sowjetunion und die anderen Staaten hinter dem Eisernen Vorhang
Ziel: Niederlande, Baujahr 1939
Ziel: Südamerika, Baujahr 1946

Die Größe ist gar nicht so unterschiedlich, wohl aber die Schnelligkeit der Kommunikation: Vom Ericsson Morseapparat aus dem späten 19. Jahrhundert zum transportablen Telefon 1955. Heute versteht man unter einem transportablen Telefon natürlich etwas viel kleineres.

Schon mal eine Sendeanlage bedient? Über den Touchscreen konnten wir das ausprobieren und dabei erfahren, welche Komponenten der Alexanderson-Transmitter hat. Allerdings hatte das Ding wohl ein kleines Problem – ab einem bestimmten Punkt ging es leider nicht mehr weiter. Wir haben noch andere Besucher bei dem verzweifelten Versuch beobachtet, die Maschine virtuell zu starten.

Sauberkeit muss sein: Staub war ein gefährlicher Feind der Anlagen, das passende Gegenmittel wurde täglich eingesetzt.

Da ist noch Luft nach oben: Arbeitsschutz & andere Arbeitskleidung

In der Grimeton-Station gab es strenge Bekleidungsvorschriften: Die Angestellten trugen eine Uniform (links). Zum Schutz gab es den grauen Mantel, Spitzname „Brei-Mantel“. Schutzkleidung für die Arbeiter gab es auch, allerdings anfangs erstmal ohne Gehörschutz, obwohl die Anlage im Betrieb sehr laut war.

Spannende Technik – es hat sich gelohnt!

28. Die Altstadt von Wismar

SOKO, Segelschiffe & seltsame Straßennamen

Wismar! Kenne ich seit Jahrzehnten sehr gut – allerdings nur aus dem Fernsehen durch meine Lieblings-Krimiserie #SOKO Wismar. Trotzdem habe ich es bisher nicht geschafft, die Stadt zu besuchen. Welterbe-Tour sei Dank war es endlich soweit. Ich habe die Reise auf den Termin des Hafenfestes gelegt und erst einige Tage zuvor ein besonderes Angebot mit dem Potential zur Traumerfüllung gesehen: Ein Törn auf einem alten Segelschiff! Steht seit rund 20 Jahren auf meiner Will-ich-unbedingt-mal-machen-Liste. Und war leider ausgebucht… Optimist der ich bin, ließ ich mich auf die Warteliste setzen – und hatte Glück!

Das Welterbe-Haus in Wismar ist auch schon eine Sehenswürdigkeit: Ein saniertes, sehr altes Gebäude mit einem Glasanbau und sehr originell gestaltem Garten. Das dortige Modell der Stadt inklusive Kanäle nutzen auch nicht-menschliche Touristen.

Welterbe-Haus Wismar
Neulich am Welterbe-Haus in Wismar: Kanal-Baden
Tag 1 – Erste Erkundung & Hafenfest

Nachdem die Bahn mich pünktlich! am frühen Nachmittag nach Wismar gebracht hat, war ich schon auf dem kurzen Weg vom Bahnhof zum Hotel (#Hansehouse – sehr gemütlich und ideal in der Altstadt gelegen) bezaubert von der Stadt: hübsche alte Häuser, Kanäle, Kopfsteinpflaster, beindruckende Kirche – und das alles auf 500m! Auf dem nachmittäglichen Spaziergang sah ich einen hohen, dekorativen Backsteinturm und wollte wissen, was das war. Es entpuppte sich als ein Wasserturm, dessen grüne Verzierungen den roten Backstein so richtig schön zur Geltung bringen.

Wasserturm Wismar

Eigentlichens Ziel für den Nachmittagsausflug war aber das Hafenfest, also folgte ich den entsprechenden Hinweisschildern und begegnete dabei einem hübschen Park und dem echten Polizeipräsidium. Schon weithin sichtbar: Riesenrad und Riesenschiff – der Hafen. Das sensationelle Sommerwetter hatte jede Menge Besucher zum Hafenfest gelockt und das Anforderungsprofil eines gelungenen Stadtfestes wurde voll erfüllt: Fahrgeschäfte, Imbissstände für jeden Geschmack und Musik von Schlager bis Disco.

Leinen los!

Ein langgehegter Traum: Auf einem großen Segelschiff mitfahren! Es war toll – und ein wenig enttäuschend. Die #Albatros ist optisch ein Traum, alles aus Holz und seit über 80 Jahren im Dienst. Hier geht das Segelsetzen noch komplett per Hand und man erlebt, wie wichtig ein eingespieltes Team ist, um diese Schwerstarbeit hinzukriegen. Zusammen mit 19 anderen Segelfans von sechs Jahren aufwärts durfte ich das alles begeistert und beeindruckt beobachten.

Segelschiff Albatros im Hafen Wismar

Apropos junge Segler: Ich hatte angeregte Gespräche mit einer 8-jährigen Segelexpertin. Lieblingssatz: „Vor einem Jahr, als ich noch nicht so viel wußte.“ Anne hat vor einem Jahr mit dem Segeln angefangen und ist absolut begeistert. Sie plant ihr ganzes Leben schon rund ums Segeln, mit einem Hausboot als Wohnsitz. Zauberhaft!

Und wo war jetzt die Enttäuschung? Ich bin ja schon ein paar mal gesegelt, aber natürlich auf kleinen Yachten. Und da erlebt man den Wind sehr unmittelbar in der Bewegung des Bootes, was für mich den Spaß am Segeln ausmacht. Bei der großen Albatros waren diese Bewegungen praktisch nicht zu spüren. Trotzdem: Ein richtig schöner Tag auf einem richtig schönen Schiff!

Im Wismarer Hafen lagen auch noch andere alte Segelschiffe, einem davon, der Wissemar, begegneten wir auch. Das auffällige Segel veranlasste meine kleine Segelexpertin zu der Frage, ob es hier Piraten gäbe. Ich beruhigte sie, kurz voher war ein Schiff der Küstenwache an uns vorbeigekommen, da konnte doch nichts passieren!

Segelschiff Wissemar
Die Wissemar – Piraten an Bord?
SChöne Geschichte und Geschichten – die Wismarer Altstadt

Nach dieser Welterbe-Tour steht Wismar auf der Liste meiner Lieblingsstädte ganz oben. Die schöne Architektur, die spannende Geschichte der Stadt – Wismar war zum Beispiel von 1648 bis 1903 in schwedischem Besitz -, natürlich das Meer und auch die vielen freundlichen Menschen, die ich getroffen habe.

Die Stadt wurde 1259 Mitglied der Hanse, was auch einer der Gründe ist, warum Wismar zusammen mit Stralsund als Beispiel einer vollständig erhaltenen mittelalterlichen Seehandelsstadt Weltkulturerbe wurde. Eines sind die Altstadtstraßen auf jeden Fall nicht: langweilig. Trotz des einheitlichen architektonischen Bildes, auf das auch bei Neubauten, vor allem aber bei der Restaurierung alter Häuser Wert gelegt wird, sind die Gebäude abwechslungsreich in ihren Farben und Details.

Straße mit schönen Giebelhäusern in Wismar

Den Marktplatz ziert ein Wasserbrunnen, die „Wismarer Wasserkunst„. Erbaut Ende des 16. Jahrhunderts, ist er ein Zeichen für den Beginn einer organisierten Versorgung der Bevölkerung mit sauberen Wasser. Dafür legten sich die Stadtoberen ganz schön ins Zeug: Das Wasser wurde aus einer Quelle in sechs Kilometer Entfernung über Holzrohre in die Stadt gebracht und von der „Wasserkunst“ aus weitergeleitet.

Brunnen "Wasserkunst Wismar"

Am Marktplatz steht auch das mit dem Baujahr 1380 älteste Haus der Stadt, passender Name „Alter Schwede„. Diese Architektur mit den dekorativen Giebeln lässt so manchen modernen Bau ganz schön langweilig aussehen.

Ältestes Haus Wismars: "Alter Schwede"
Straßenname der besonderen Art

Ganz in der Nähe des „Alter Schwede“ findet man ein blaues Straßenschild mit einem alten Straßennamen. Oft geklaut, deshalb nur noch aufgemalt.

Straßenschild "Tittentasterstraße"

Der Name ist tatsächlich gar nicht so anrüchig, wie er klingt: Die bezeichnete Straße war nur ein schmaler Durchgang. Zwei Personen konnten nicht aneinander vorbeigehen, ohne die Anatomie des anderen etwas näher kennenzulernen. „Titten“ hatte übrigens gar nicht die abwertende Bedeutung wie heute – das Wort bezeichnete im Mittelalter sowohl die weibliche, als auch die männliche Brust.

Wismars schönste Farbe: Backstein-Rot

Nicht nur aufgrund der SOKO Wismar-Folgen verbinde ich mit der Stadt vor allem die beeindruckenden Backstein-Kirchen. Im Rahmen der Führung sahen wir St. Marien aus dem 14. Jahrhundert, die im 2. Weltkrieg stark beschädigt und 1960 gesprengt wurde. Die Ruinen wurden abgerissen, der Turm blieb stehen, weil man bei einem Abriss um die eng dahinter stehenden Häuser fürchtete. Und er ist mit seiner 80 m Höhe ein Seezeichen. Der Platz davor wurde ein Parkplatz. Im Jahr 2001 wurden die Fundamente der Kirche wieder ausgegraben und die Standorte der mächtigen Säulen, die das Kirchenschiff getragen haben, durch originalgetreue Sockel gekennzeichnet. Zwischen ihnen schmücken Kunstwerke den Platz.

Mangels Drohne in meinem Rucksack (Hätte ich tatsächlich schon öfters gerne gehabt!) bin ich auf eine Mauer geklettert, um den Platz besser fotografieren zu können. Hat sich gelohnt.

Kirche St. Marien Wismar

Kirche Nr. 2 – St. Georgen – gibt es noch in einem Stück und wir konnten sie von Innen sehen. Sie ist sogar noch älter: aus dem 13. Jahrhundert. Das Gebäude wird mittlerweile als Kulturkirche genutzt und hat auch eine bewegte Geschichte. Im Krieg stark beschädigt, stürzte 1990 bei einem Orkan der Giebel ein. Dabei wurden auch benachbarte Häuser von Trümmern getroffen. Noch vor der Feuerwehr eilten Nachbarn herbei, um ungeachtet des Unwetters und der Gefahr eines weiteren Einsturzes nach Opfern zu suchen und zu helfen. Aus dem Unglück entstand aber auch Gutes: Der Wiederaufbau wurde beschlossen und umgehend in Angriff genommen. 2010 wurde die Kirche wiedereröffnet.

St. Georgen Wismar nach dem Dacheinsturz
St. Georgen nach dem Dacheinsturz
St. Georgen Wismar
Foto: Wikipedia – Krzysztof Golik
Innenansicht St. Georgen
Die spektakuläre Gewölbedecke von St. Georgen

(Fun) fact: An die Deckenrekonstruktion hatte sich zunächst keiner rangetraut. Die Firma, die den Auftrag schließlich übernahm, setzte für die Arbeiten nur junge, unverheiratete Männer ein…

Untote Erinnerungen

Die älteren unter uns erinnern sich noch: Wir saßen 1922 im Kino und sahen „Nosferatu – eine Symphonie des Grauens“, den ersten Vampirfilm. Er wurde zum größten Teil in Wismar gedreht und überall in der Stadt erinnern Bodenplatten an die Drehorte. Einmal gruseln? Bitte schön: Link YouTube

Nosferatu Straßenmarkierungen
SOKO Wismar – Realität und schönes Fake

Das hübsche Backsteingebäude, das in der Serie als Polizeipräsidium herhält, ist das Heilig-Geist-Hospital in der Straße Neustadt. Eigentlich wollte ich auch eine Führung zu den Drehorten der Serie machen, die war aber leider schon ausgebucht. Das echte Polizeipräsidium ist übrigens auch ziemlich beeindruckend.

Polizeipräsidium SOKO-Wismar
Noch eine Geschichte zur Geschichte: Karstadt

Es gab tatsächlich einen Herrn Karstadt und der hat sein Stammhaus in Wismar gegründet. Das war allerdings noch kein Kaufhaus mit einem breiten Angebot unterschiedlichster Waren, sondern, wie 1881 üblich, ein Geschäft mit Artikeln einer bestimmten Gattung, in diesem Fall Kleidung. Zu dieser Zeit gab es ein erstaunlich soziales Konzept, was Preise angeht: Sie richteten sich nach dem Einkommen der Kunden. Wer mehr hatte, zahlte mehr, Arme kauften billiger. Insofern war die Innovation, die Rudolph Karstadt einführte, eigentlich gar nicht so sozial: Festpreise! Und mit noch einer Tradition brach er – es wurde nicht mehr angeschrieben, sondern die Ware gab es nur gegen sofortige Bezahlung. Man sagte ihm den schnellen Ruin voraus. Doch weit gefehlt – das Konzept war von Anfang an eine Erfolgsgeschichte. Das erste Karstadt-Kaufhaus im heutigen Sinn entstand dann 1884 in Lübeck.

Karstadt Wismar

26. Hildesheim: Dom und Michaeliskirche

Magische Zahlen, Goldschätze und beeindruckende Kirchen

Zu Beginn ein Geheimtipp für bequemes Reisen mit der Bahn: Fahrt zum richtigen Bahnhof! Ich stand am frühen Samstagmorgen am Frankfurter Hauptbahnhof und musste feststellen, das Lesen doch hilfreich sein kann. Er fuhr nämlich von Frankfurt Süd ab… Dann wurde es spannend: Es gab einen anderen ICE, der meinen ursprünglichen in Fulda noch einholen konnte! Wenn die Bahn pünktlich war. Was soll ich sagen: Mein Verfolger-Zug kam sogar drei Minuten zu früh an und ich war wieder in der Spur.

In #Hildesheim fand am 1. Juni die zentrale Veranstaltung zum #UNESCO #Welterbetag statt. Klar, dass ich mir diesen Tag für meinen Besuch aussuchte. Erstes Gefühl, als ich gegen 11 Uhr vor dem berühmten #Mariendom eintraf: Mitleid mit den Veranstaltern. Kaum jemand zu sehen, nichts los an den Ständen. Das gleiche Bild vor der #Michaeliskirche, wo andere Welterbestätten ihre Stände aufgebaut hatten. Glücklicherweise sollte das eine Stunde später schon ganz anders aussehen!

Bild von JohniBoni auf Pixabay – bei meinem waren gerade ein paar sehr dunkle Wolken unterwegs
Die Magie der Zahlen – ganz christlich umgesetzt

Meine gebuchte Führung begann in St. Michaelis. Architektonisch könnte der Gegensatz zur prunkvollen, goldgespickten überladenen Residenz in Würzburg letzte Woche nicht größer sein. Kein Wunder: Wir stehen in einem rund 1.000 Jahre alten romanischen Gebäude. Wie wir später erfahren, sind noch rund 40% der originalen Bausubstanz aus dieser Zeit erhalten, die Kirche wurde im zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Die Architektur strahlt eine große Ruhe aus, die mich sehr anspricht. Alles ist auf Harmonie ausgerichtet und das steht einer Kirche als Ort der Besinnung sehr gut.

Bernward war offenbar ein Perfektionist und begeistert von Zahlensymbolik: Der Grundriss besteht aus 3 x 3 Quadraten (die Drei steht für die göttliche Dreieinigkeit) Es gibt neun Altäre, acht davon auf den Emporen, die wiederum zwölf Bögen haben.

Das Mittelschiff wird von zwölf Säulen getragen – Bezug auf die zwölf Apostel. Zwei davon sind noch komplett Originale.

Diese beiden haben seit 1000 Jahren eine tragende Aufgabe

Gerade diese einfache, gradlinige Gestaltung setzt die spektakuläre Decke perfekt in Szene. Sie stammt allerdings aus dem 13. Jahrhundert. Sie zeigt in überaus dekorativer Malerei unter anderem den Stammbaum Christi, die Propheten und die Paradiesflüsse. Damit der interessierte Besucher keine Genickstarre bekommt beim Betrachten der vielen Details, ist im Gang ein großer vertikaler Spiegel platziert, in dem man die Decke bequem studieren kann.

Bei der Führung dreht sich alles um Bischof Bernward, der an dieser Stelle ein Benediktinerkloster gründete. Wie wir schon im Kloster Lorsch gelernt hatten, helfen Reliquien sehr, ein Kloster bekannt zu machen. Auch Bernward hatte ein Splitter aus dem Kreuz Jesu zu seiner Bischofsweihe bekommen. Das #Bernward-Kreuz, in dem dieser Splitter aufbewahrt wird, sehen wir später noch im Dommuseum.

Ich hatte im Kopf, irgendjemand hätte mal alle angeblichen Kreuzsplitter zusammengerechnet und wäre darauf gekommen, dass diese Menge für drei Kreuze ausgereicht hätte. Fake-News! Laut Internet geht diese Aussage wahlweise sogar auf Luther oder Calvin zurück. Mittlerweile ist das wohl wissenschaftlich untersucht worden und man konnte die Reliquien nur auf einen Bruchteil der vermuteten Kreuz-Masse addieren.

Die Kirche ist übrigens interessanterweise sowohl evangelisch – die eigentliche Kirche -, als auch katholisch: Die Krypta, in der auch Bischof Bernward begraben liegt.

Die Krypta mit Bernwards Sarkophag
Die XXXL-Varianten: Tür, Leuchter und sehr, sehr viel Gold

Wir betreten den #Marien-Dom durch einen Seiteneingang, um das erste XXXL-Kunstwerk in seiner beeindruckenden Pracht zu bewundern: Die Bernward-Tür. Erstes Superlativ: Sie ist 4,72m hoch. Das zweite: Die beiden Flügel wurden jeweils aus einem Stück aus Bronze gegossen – im Jahr 1015 eine absolute handwerkliche Meisterleistung. Verziert ist sie mit sehr plastischen Szenen aus dem alten und neuen Testament.

Auch im Dom bietet die romanische Architektur des Baus aus dem 11 Jahrhundert den zurückhaltenden Rahmen für die Kunstschätze. Die nächsten XXXL-Kunstwerke hängen im Dom ab: Der Hezilo-Leuchter, sechs Meter Durchmesser, mit 72 Kerzen versehen. Auch wenn der Stifter nicht Bernward ist sondern vermutlich sein Nachfolger, Bischof Herzilo, kommen hier ebenfalls bedeutungsvolle Zahlen ins Spiel. Die Gestaltung symbolisiert die Stadtmauer des himmlischen Jerusalems mit zwölf Toren. Weitere großformatige Radleuchter schmücken das Kirchenschiff.

Ein wahre Schatzkammer – Gold wohin man schaut

Ich war noch nie in einem Dom-Museum, vielleicht sind sie ja alle solche Schatzkammern. Was immer ich erwartet hatte – vielleicht alte Bücher, sakrale Objekte, ein wenig Gold – die Realität entlockte mir ein ziemlich lautes „Wow“: Gold, Diamanten, Edelsteine, noch mehr Gold. Die Kombination von Geld und Glaube hat, wie so oft, die Gestaltung unglaublicher Kunstwerke ermöglicht.

Die goldene Madonna aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts wird dem künstlerischen Zeitgeist angepasst – allerdings nur was die Gestaltung der abnehmbaren Körperteile Köpfe und Hand angeht. Das Kreuz ist der eingangs erwähnte Reliquienschrein mit dem Holzsplitter.

Der Name der Rose? Keine Ahnung – aber sie ist legendär.

Eigentlich ist sie eine recht unspektakuläre Pflanze: Die Hundsrose. Keine großen Blüten-Kunstwerke, sondern recht schlichte Exemplare. Doch der riesige Rosenstock im Innehof des Domes ist über tausend Jahre alt und natürlich sagenumwoben. Es gibt zwei Versionen der Legende.

Genau kann man das Alter des Strauches nicht bestimmen. Die Hundsrose hat jedoch die Fähigkeit zur Erneuerung durch unterirdische Sprossen, ohne dass sich dadurch die Erbanlagen verändern. So ist es immer noch der gleiche Strauch, der Feuer, Kriege und Dürren überstand. Die Blütezeit ist nur kurz – ich war gerade zur richtigen Zeit da.

21. Völklinger Hütte

„Rost vor blauem Himmel macht sich immer gut“, sagt Sarah Schäfer, die uns durch das Gelände führt. Es ist eine riesige Ansammlung von rostigen Gebäuden auf 746.000 m², die sich da vor mir ausbreitet: Die Völklinger Hütte. Ich habe ein Faible für Industriearchitektur und für die gigantischen Maschinen, die sie beherbergt. Aber was hat die UNESCO 1994 bewogen, eine Industrieanlage für Eisenherstellung zum Welterbe zu erklären? Die Völklinger Hütte ist tatsächlich sogar das erste UNESCO Industriedenkmal der Welt. Es sind vor allem zwei Faktoren, die sie einmalig machen:

  • Die Anlage ist seit dem Bau 1888 in unverändertem Zustand erhalten. Das heißt, die Maschinen haben bis zur Schließung der Hütte 1986 ihre Funktion erfüllt.
  • Einmalig auf der Welt: Alle sechs Hochöfen wurden über einen einzigen Schrägaufzug mit Material beliefert – eine technische Meisterleistung. In allen anderen Anlagen hat jeder Hochofen ein eigenes Förderband.
Schrägaufzug von unten
Schrägaufzug mit Lore

Willkommen statt Wasser

Die Führung beginnt im ehemaligen Wasserspeicher. Hier wurden früher 3 Millionen Liter Wasser gebunkert, das unerlässlich für die Kühlung der Hochöfen war. Heute ist das Gebäude die Eingangshalle zum Weltkulturerbe Völklinger Hütte.

Fun fact: Die verdreckten Fenster der Gebäude dürfen nicht geputzt werden – auch der Dreck ist denkmalgeschützt!

Gigantisch beeindruckend

In der Völklinger Hütte begegnen uns auf Schritt und Tritt gigantische Maschinen. In der Gebläsehalle stehen wir vor riesigen Gasmaschinen: Bis zu 29m lang, 14m breit und mit Schwungrädern von 7m Durchmesser. Sie bliesen mit ihren 3.500 PS Motoren 50 x pro Minute Druckluft in die Hochöfen. Die mit Sauerstoff angereicherte und in Winderhitzern vorgewärmt Heißluft war essentiell, um den Hochofenprozess kontinuierlich zu erhalten. Selbst kurze Unterbrechungen der Luftzufuhr konnten dazu führen, dass das flüssige Eisen erstarrte und den Hochofen zum Stillstand brachte. Die Maschinen waren laut – 120 Dezibel (wie ein Flugzeugtriebwerk in 100m Entfernung!) in einer Zeit, als sich niemand um Gehörschutz kümmerte. Und in der Luft flimmerten Regenbogen, erzeugt durch das zerstäubte Schmieröl für die Anlage.

Schwungrad Gebläsehalle / Bild von Malcolm Brook auf Pixabay
Bild von Malcolm Brook auf Pixabay

Wir klettern auf einen Hochofen

Blick auf die Hochöfen
Oben angekommen: Blick auf die Hochöfen

Es sind viele Stufen, aber das Klettern lohnt sich. Zum einen wegen des großartigen Blicks über die Anlage. Vor allem aber können wir den kompletten Prozess der Eisenherstellung nachvollziehen, und der beginnt oben: mit dem Einfüllen des Roherzes. Wir erfahren, wie gefährlich die Arbeit am Hochofen war – und mit welchen cleveren Tricks sich die Arbeiter schützten. Denn Schutzkleidung gab es nicht, das erste Arbeitsschutzgesetz wurde erst 1973 erlassen.

Hochofen-Deckel

Irgendwie müssen das Eisenerz und die Zusatzstoffe in den Ofen – und dazu muss der Deckel geöffnet werden.

Problem: Bei dem Schmelzprozess entsteht das ziemlich tödliche Kohlenmonoxid und sammelt sich oben, wie Gas das nun mal so an sich hat...

Ein Sicherung gab es: Unter dem Deckel befindet sich eine Glocke, die das Gas zurückhielt. Der Deckel wurde geöffnet, Material rein. Deckel zu, Glocke öffnen, Material fällt in den Ofen. Aber: Die Abdichtung war nicht 100%ig, die Chance, einen tödlichen Atemzug zu tun, bestand also trotzdem. Also machten die Arbeiter vor dem Öffnen ein Feuer und beobachteten anhand der Flamme, woher der Wind kam. Damit wussten sie, wohin das Gas treiben würde – und sie nicht stehen durften…

Hochofen von Außen

So sieht der Hochofen von Außen aus. Er wurde aus Stein gebaut und hat eine Stahlummantelung – das ist aber erst seit 1928 so. Damals wurde ein Hochofen durch eine Kohlenstaubexplosion zerstört, 13 Menschen starben. Die Löcher mit den Klappen dienen der Lenkung des Kühlwassers.

Noch eine Story aus der Kategorie „Man muss sich nur zu helfen wissen“: Die Öfen mussten regelmäßig ausgebessert werden – ein Höllenjob! Die Steine speicherten natürlich die Hitze des Schmelzprozesses (bis 2.200°) noch lange. Die Arbeiter, die Reparaturarbeiten durchführten, banden sich deshalb Holzklötze unter ihre Schuhe, damit die Sohlen nicht schmolzen!

Alles muss raus

Die Hochöfen sind 27m hoch und haben einen Durchmesser von 10m. Irgendwie erwartet man, dass das Ergebnis des Schmelzprozesses, das flüssige Eisen, dann aus einem entsprechend spektakulären Auslauf herauskommt.

Abstichloch

Die Realität sieht aus, als wäre es ein stillgelegter Bachlauf: Ein kleines Loch führt zu einer Rinne, in die das Eisen fließt.

Das Loch wird übrigens nach dem „Abstechen“ des Eisens immer wieder mit Lehm verschlossen und für den nächsten Durchgang dann wieder eingeschlagen. Das Abstechen war ein kritischer Vorgang. Auf keinen Fall durfte gleichzeitig der Deckel des Hochofens geöffnet werden. Zur Warnung läutete man eine Glocke, die die Arbeiter oben am Deckel hören konnten.

Erinnerungsort für die Zwangsarbeiter

Der beeindruckendste Ort in der Völklinger Hütte ist für mich das Mahnmal für die Zwangsarbeiter, die in den beiden Weltkriegen in der Völklinger Hütte schufteten. Rund 12.400 waren es zwischen 1939-1945. Männer, Frauen und Kinder. Unter ihnen waren französische, italienische und russische Kriegsgefangene, aber auch aus der Sowjetunion verschleppte russische und ukrainische Zivilisten. Sie mussten an der Produktion von Waffen mitarbeiten, die dann gegen ihre Heimatländer eingesetzt wurden. Ihre Arbeitsplätze waren die gefährlichsten im ganzen Werk. Widerstand wurde mit Strafexerzieren oder Schlafentzug bestraft. 261 ausländische Arbeiter, meist Zwangsarbeiter, starben in dieser Zeit. Darunter befanden sich auch sechzig Kinder.

Vielleicht habt Ihr auch schon des Öfteren vor Statuen und Installationen gestanden und Euch gefragt, was der Künstler oder die Künstlerin sich dabei wohl gedacht haben mag?

Diese Frage stellt sich bei dem Mahnmal von Christian Boltanski nicht. Es ist eine beeindruckende Installation, die mich sofort gefangen nimmt: Ein schmaler Gang aus gestapelten rostigen Karteikästen führt auf einen Berg aus Arbeitskleidung zu und umrundet ihn. Wenn man ihn betritt, beginnt eine Stimme Namen zu flüstern – es sind die Namen von Zwangsarbeitern.

Leider ist die Videoqualität nicht optimal aber ich glaube, es vermittelt einen guten Eindruck von der berührenden Gestaltung.

Kultur in spektakulärer Umgebung

Viele der Gebäude werden für Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen genutzt. Aktuell findet noch bis zum 17.8. die Ausstellung „The true size of Africa“ statt. Sie verbindet geschichtliche Aspekte wie die Kolonialherrschaft und die damit verbundene Ausbeutung mit afrikanische Kultur der Gegenwart. Unglaublich eindrucksvoll inszeniert zwischen den alten Maschinen der Völklinger Hütte.

Urban Art Biennale 2024

Die Urban Art Biennale findet seit 2011 alle zwei Jahre in der Völklinger Hütte statt. Gezeigt wird Kunst, die sich aus Street Art oder Graffiti entwickelt hat. „Deus ex Machina“ („Gott aus einer Maschine“ – sprichwörtlich für plötzliche, ganz unmotiviert eintretende Ereignisse) hat das Berliner Kunstkollektiv Rocco und seine Brüder den Panzer mit den Kirchenfenstern genannt. Obwohl es eine tödliche Maschine darstellt: Es ist schön…

Kunstobjekt "Deus ex Machina"

„The End“ – ein Medienkunstwerk

The End - Installation von ZEVS
Der Schriftzug sieht aus, als stamme er aus einem alten Hollywoodfilm. Der Künstler ZEVS projiziert darauf aktuelle Nachrichtensendungen aus aller Welt.

„Erinnerungen“ – Christian Boltanski

In der Ausstellung in der Möllerhalle sind historische Arbeitsspinde aus allen Bereichen der Völklinger Hütte zu sehen. Boltanksi hat für die Installation die Erinnerungen ehemaliger Hüttenarbeiter aufgenommen. Sie erzählen von ihrem Arbeitsalltag in der Völklinger Hütte.

Hermann Röchling: Wohltäter und Täter

Carl Röschling kaufte 1881 die marode Völklinger Hütte, die 1872 von dem Hütteningenieur Julius Buch geründet worden war. 1890 hatten sich die „Röchling’schen Eisen- und Stahlwerke“ zum größten Eisenträgerhersteller Deutschlands entwickelt. Sein Sohn Hermann Röchling machte die Völklinger Hütte ab 1905 zu einem der bedeutendsten Industrieunternehmen. Er richtete auch zahlreiche Sozialeinrichtungen für seine Mitarbeiter ein: ein Krankenhaus, ein Schwimmbad, er förderte den Bau von Eigenheimen für seine Arbeiter.  Sicher nicht aus reinem Edelmut vermutlich – er wollte die Gesundheit und Arbeitskraft seiner Arbeiter erhalten.

Bereits nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wird Hermann Röchling 1919 in Frankreich in Abwesenheit als Kriegsverbrecher verurteilt. Er flieht nach Deutschland. Während des Zweiten Weltkrieges war er Wehrwirtschaftsführer und Mitglied von Hitlers Wehrwirtschaftsrates. In seinem Unternehmen hat er maßgeblich an den Entwicklungen von Militärtechnik in der NS-Zeit mitgewirkt. Die Brüder Robert und Hermann Röchling wurden nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen Frieden und Menschlichkeit zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Wenn Ihr mehr erfahren wollt: Es gibt einen Film über die Geschichte von Hermann Röchling: Link

Was bisher geschah 1-9

952 UNESCO Welterbestätten stehen als potentielle Reiseziele auf dem Plan. Realistisch sind Stand heute nur 791, der Rest ist wegen Kriegen oder aus anderen politischen Gründen aktuell nicht zugänglich. Ok – auch das Atomtestgelände auf dem Bikini-Atoll gehört zum UNESCO Welterbe, ist als Reiseziel aber nicht unbedingt reizvoll…

Die meisten von uns haben schon ein paar Welterbestätten kennengelernt, vielleicht ohne sich dessen bewusst zu sein. Insgesamt 18 Orte, die zum Welterbe gehören, sind es bei mir. Und das sind sie – bleiben also nur noch 773 Ziele …

1. Klassisches Weimar

Weimar habe ich 2021 besucht. Eine Stadt, die Kultur an allen Ecken und Enden ausstrahlt. Das hat natürlich auch mit diesen beiden Herren zu tun: Goethe und Schiller. Die beiden Freunde haben viele Jahre bis zu ihrem Tod in Weimar verbracht. Fun fact: Ihr Denkmal zeigt sie gleich groß, im richtigen Leben war Goethe 1,69m groß, Schiller 1,90m…

Bild Goethe und Schiller
Weimar
Weimaraner

Dieser hübsche Kerl ist auch ein Weimar(an)er. Den Namen verdankt er der Tatsache, dass die Rasse ab dem 18. Jahrhundert am Weimarer Hof des Großherzogs Karl-August von Sachsen-Weimar-Eisenach gehalten wurde,

2. Kölner Dom

Dass Baugroßprojekte deutlich länger brauchen, als geplant, ist keine Erfindung unserer Zeit. Der Dom zu Köln schießt hier definitiv den Vogel ab: Sein Bau wurde 1248 in Auftrag gegeben, eingeweiht wurde er 1880… Die Arbeiten am Dom dauern allerdings bis heute an – und das ist auch gut so: Einer Legende nach wurde er vom Teufel verflucht, so dass seine Fertigstellung das Ende der Welt bedeutet!

Kölner Dom

Das Warten hat sich gelohnt: Es ist die aktuell dritthöchste Kirche der Welt und das Bauwerk überstand den Zweiten Weltkrieg praktisch unbeschädigt. Im Gegensatz zum Rest von Köln, dessen Altstadt zu 95% zerstört wurde.

Kinderfenster

Die Fassade zeigt einige skurrile Elemente: Im „Kinderfenster“ rettet ein Schutzengel ein Kind vor einem Auto. Und Hennes, das Maskottchen des 1. FC Köln ist ebenso als Figur zu sehen, wie Fußballer oder Tanz-Mariechen.

3. Museumsinsel Berlin

Zum ersten Mal war ich 1979 in Berlin, direkt nach dem Abitur. Vermutlich habe ich damals die Museumsinsel auch gesehen, sie liegt schließlich in der historischen Mitte.

Schifffahrt Museumsinsel

Anfang der 90er Jahre hatte ich oft beruflich in der Stadt zu tun, aber auch da habe ich keines der fünf Museen auf der Spreeinsel besucht. Seit dem bin ich aber Fan von Berlin und war in den vergangenen Jahren mindestens einmal dort. Unbedingt empfehlenswert: Die Stadt vom Wasser aus erkunden. Mein absoluter Favorit auf der Museumsinsel ist das Pergamonmuseum mit seinen unfassbar schönen Ausstellungsstücken wie dem riesigen Ischtar-Tor und der Thronsaalfassade aus dem Königspalast in Babylon.

4. Oberes Mittelrheintal

Mittelrheintal

Heimat, sozusagen – ich wohne im Hunsrück, das Mittelrheintal ist also fast vor meiner Haustür. Ich habe es mit den Füßen, dem Auto, dem Fahrrad und der Seilbahn (von Koblenz zur Festung Ehrenbreitstein) erkundet.

5. Nizza als „Winterurlaubsstadt an der Riviera“

Nizza

Als ich in Nizza war, hat mich nichts weniger interessiert als Kultur: Es war 1979, unsere Abschlussfahrt mit der Abiturklasse, Nizza lag auf dem Weg zu unserem Urlaubsort. Lido di Jesolo an der italienischen Adria, mit Sauerkraut bei Heike und einem Eis, von dem man betrunken werden konnte, soviel Alkohol war da drin.

2021 wurde Nizza mit seinen vielfältigen Landschaften, der einzigartigen Küche und der abwechslungsreichen Architektur als „Winterurlaubsstadt an der Riviera“ in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen.

6. Römisches Theater und der „Triumphbogen“ von Orange

Auch die französische Stadt Orange (ursprünglicher Name: Arausio) lernte ich auf unserer Abi-Fahrt kennen. Das Römische Theater ist mir tatsächlich in Erinnerung geblieben: Man fühlt sich wirklich 2.000 Jahre zurückversetzt, als sich hier die Zuschauer versammelten, um die Aufführungen anzusehen. Eine faszinierende Reise in diese Zeit kann man heute dort mittels Virtual Reality erleben.

7. Historisches Zentrum von Riga

Rathaus Riga

Riga besuchte ich Anfang der 2000er. Als Überraschung für meinen Lebensgefährten, den ich bei einer beruflichen Reise nach Lettland begleitete, nahm ich einige Wochen lang Einzelunterricht, um etwas Lettisch zu lernen. Sehr schwierig, denn das Lettische ist nur mit dem Litauischen verwandt. Bei vielen anderen Sprachen gibt es ja zumindest ein paar vertraute Worte – im Lettischen sind das nur einige aus dem Deutschen übernommene (z.B.: tante, niere, lustigs).

Unbedingt einen Besuch wert ist die riesige Markthallen von Riga: Sie fordert alle Sinne mit ihrer Vielfalt an Gerüchen, Farben und Geräuschen.

Die Altstadt von Riga ist wirklich zauberhaft, es gibt sehr viele gut erhaltene Jugendstil-Gebäude mit ihren zahllosen Verzierungen. Überraschung auf dem Marktplatz: Da grüßt wie in Bremen eine Roland-Statue. Und auch die Bremer Stadtmusikanten sind zu finden, vor der St. Petri-Kirche. Sie sind ein Geschenk der Stadt Bremen an Riga, das ebenfalls zu den Hansestädten gehört. Natürlich bringt es Glück, wenn man ihre Nasen reibt – deshalb glänzen sie so schön golden.

Bremer Stadtmusikanten Riga

8. Historisches Zentrum von Wien

Das war 1989 auch so eine verrückte Idee: In Wien gab es eine Ausstellung der in China gefundenen „Terracotta-Armee“, die ich sehr faszinierend fand. Also beschloss ich, eine Radtour dorthin zu machen. Nicht, dass ich zuvor regelmäßig Rad gefahren war… Immer in Erinnerung bleiben wird mir das Hotel Nordbahn: Der freundliche Rezeptionist meinte, ich könne mit meinem (ziemlich dreckigen!) Fahrrad einfach durch die Hotelhalle zum Abstellraum fahren, das ginge schneller.

Wien

Wien hat einfach etwas ganz besonderes. Mir hat die Donauinsel besonders gut gefallen, natürlich war ich im Prater, ich bin nicht mit einem Fiaker gefahren und ich habe die Wiener Werkstätten für mich entdeckt, die wunderschönes Kunsthandwerk herstellten. Vor einigen Jahren war ich nochmal dort wegen einer Impressionismus-Ausstellung in der Albertina. Diese Mal allerdings mit dem Zug – und Wien war immer noch schön!

9. Schloss und Gärten von Schönbrunn

Ein bisschen Sissi-Gefühl muss bei einem Wien-Besuch einfach sein. Und wo ginge das besser als in Schönbrunn! Für die berühmte Film-Trilogie aus den 50ern durfte allerdings innen in Schönbrunn nicht gedreht werden, das machte man im Studio. Zumindest aber mit echten kaiserlichen Möbeln aus dem Wiener Möbelmuseum.

Schönbrunn