29. Hamburg Speicherstadt, Kontorhausviertel & Chilehaus

Backstein, Wasser und jede Menge Geschichte

Moin! Eine der ersten Lektionen von einer echten Hamburgerin: Wer mit „Moin, Moin“ begrüßt, gilt schon als geschwätzig!

Meine Welterbe-Reise nach Hamburg war dieses Mal etwas anders: Ich war mit fünf Freundinnen unterwegs! Wir haben nach vielen, vielen Jahren „Wir sollten mal…“ endlich den Übergang zu „Wir machen das jetzt!“ geschafft und ein verlängertes Mädelswochenende in Hamburg verbracht. Und ich konnte das Angenehme mit dem noch Angenehmeren verbinden und die Welterbestätten Speicherstadt, Kontorhausviertel und Chilehaus sehen. Ganz besonders toll: Unter uns war eine geborene Hamburgerin und eine, die Jahre dort gelebt hat. Es ging also mit Insiderwissen auf Tour, was uns zu Orten führte, die man als Tourist sonst vielleicht nicht gefunden hätte – und zu unproblematischem Benutzen der öffentlichen Verkehrsmittel.

Hamburg, Wasserschloss

Das Foto vereint so ziemlich alles, was Hamburg ausmacht: Die alten Backsteingebäude der Speicherstadt, natürlich das allgegenwärtige Wasser und hinten blitzt die Elb-Philharmonie als modernes neues Wahrzeichen der Stadt hervor. Das Gebäude in der Mitte ist das „Wasserschloss“ – ein Teekontor und ein Ort für ein Mega-Frühstück. Beweisfoto? Bitte schön… Natürlich gibt es eine große Teekarte, aber wenn eine Sorte darauf nicht zu finden ist, wird man mit einem kleinen Döschen in das angrenzende Teekontor geschickt und kann sich die gewünschte Teeportion dort abholen.

Frühstück im Wasserschloss
Die Speicherstadt: Trotz, Taktik und Triumph

Hamburg hatte seit dem 12. Jahrhundert einen Freihandelsbrief, der der Stadt Zollfreiheit gewährte. Bereits 1833/34 sollten mit der Gründung des Deutschen Zollvereins diese Privilegien aufgehoben werden aber Hamburg widersetzte sich der Aufnahme. Für die Stadtoberen war die Zollfreiheit die Grundlage ihres wirtschaftlichen Erfolges. Als 1871 das Deutsche Kaiserreich gegründet wurde, verfolgte Reichskanzler Otto von Bismark hartnäckig das Ziel, auch Hamburg endlich in den Zollverein zu integrieren. Die Senatoren reagierten mit einer auch in späteren Jahrhunderten erfolgreichen politischen Methode: Aussitzen. Sie stimmten zu und machten – nichts. Weitere Besuche Bismarks folgten und die Senatoren blieben bei der bewährten Methode.

Doch der Reichskanzler ließ sich nicht abschütteln und 1888 stimmten die Hamburger Senatoren dem Beitritt zum Zollverein zu. Aber die Stadt sollte einen Freihafen erhalten, in dem der Handel nicht durch Zölle belastet wurde. Die Speicherstadt entstand auf den ehemaligen Elbinseln Kehrwieder und Wandrahm. Dass die Inseln besiedelt waren, spielte keine Rolle – alle rund 20.000 Bewohner wurden umgesiedelt.

Ein Welterbe Auf Holz gebau
Hamburg, Blick auf Stamm-Fundamente

Große Teile der Hamburger Altstadt – darunter die komplette Speicherstadt – stehen tatsächlich auf hölzernen Fundamenten. Allein für die Speicherstadt sollen rund 3,5 Millionen Stämme verwendet worden sein. In früheren Jahrhunderten war das eine übliche Methode, Gebäude in sumpfigen Gebieten zu errichten. Wieso fault das nicht und alles kracht zusammen? Holz fault nicht, wenn es luftdicht abgeschlossen ist – und das bewirkt der besondere Hamburger Marschboden. Ich habe davon schon gehört, denn in meiner Heimatstadt Mainz steht zum Beispiel auch der Dom auf geschätzten 1.500-3.000 Pfählen.

Allerdings: Klimatische und geologische Veränderungen verursachen nicht nur in Hamburg Probleme: Kommt das Holz durch sinkende Grundwasserspiegel mit Sauerstoff in Berührung, beginnt es zu faulen. Eine Gefahr, mit der beispielsweise auch Venedig und Amsterdam konfrontiert sind.

Piraten-Legenden & Deko-Pracht
Kirche St. Katharinen mit Brücke und Pflanze im Vordergrund

Ach, es gibt einfach nichts schöneres als Legenden! Eine davon hat mit der Katherinenkirche zu tun. Über das Kreuz auf dem Kirchturm erzählt man sich, dass es aus dem Goldschatz des Piraten Störtebeker gegossen wurde. Dessen Karriere als Räuber endete 1401, als er auf dem Hamburger Grasbrook seinen Kopf verlor.

Störtebeker-Legende Nr. 2: Der Teufelspakt. Der Pirat rang dem Hamburger Bürgermeister das Versprechen ab, dass diejenigen seiner Leute, an denen er nach!! seiner Enthauptung noch vorbeilaufen konnte, begnadigt werden. Er schaffte elf, bevor er durch ein Foul des Henkers stolperte und fiel – der warf ihm den Richtblock vor die Füße. Die feinen Ratsherren fühlten sich aber nicht an ihr Versprechen gebunden und alle 73 Piraten folgten Störtebeker auf den Richtblock.

Glasdeko an Backsteinwand
Pimp your Backstein: Hier wurde ein Band aus unterschiedlichen Glaselementen in die Fassade eingearbeitet.
Dekorativer Torbogen in der Speicherstadt
Schöne Ein- und Ausblicke gibt es reichlich in der Speicherstadt.

Überall an den Häusern sind Verzierungen und Kunstwerke zu entdecken, die Bezug auf die kaufmännische Geschichte Hamburgs nehmen. Hier ist es eine aus einer Serie von drei Statuen von Hafenarbeitern.

Hamburg Hausfassade mit Hafenarbeiter-Statue
Das CHilehaus – eigentlich sehr schön…

… aber bei unserem Besuch umzingelt von Baustellen. Und auch noch geschlossen, so dass wir leider das Innere nicht besichtigen konnten. Was sich gelohnt hätte, wenn ich mir die Bilder aus besseren Zeiten von Pixabay so anschaue. Aber ich war sicher nicht zum letzten Mal in Hamburg…

Chilehaus
Chilehaus Baustelle
Chilehaus Pixabay
Foto: Pixabay, WorldInMyEyes
Chilehaus Pixabay
Foto: Pixabay, WorldInMyEyes
Chilehaus Pixabay
Foto: Pixabay, Wolfgang Weiser
Welche Pflanze braucht wohl solche Rankgitter?
Hamburg Kesselhaus

Man hätte natürlich einfach die alten Schornsteine des Kesselhauses wieder aufbauen können. Aber die Architekten, die 1999-2000 das Gebäude restaurierten, entschieden sich für eine originellere und sicher spektakulärere Lösung: Diese Gitterkonstruktionen deuten die Silhouette der ehemaligen Türme an. Im Kesselhaus wurde bis zum Zweiten Weltkrieg mit Dampfmaschinen der Strom für die Speicherstadt erzeugt.

Heute befindet sich dort übrigens das Informationszentum für das größte innerstädtische Bauprojekt Europas: Die Hamburger Hafencity.

Funfact (außer für die Betroffenen): Zu dem Gelände, auf dem die Hafencity erbaut wurde, gehört auch der Grasbrook, auf dem Störtebeker und seine Piratenkumpels einst ihre Köpfe verloren.

Krähennester und die Wanderung der Uhrzeiger
Hamburg Häuserzeile

Unser Stadtführer verriet uns, wie man originiale Hausfassaden von rekonstruierten unterscheidet. Auf dem Foto sieht man links die drei grünen „Krähennester“, die als Schutz der Winden und Lastenkräne dienten. Sind die Winden noch vorhanden, haben die Fassaden den Krieg unbeschadet überstanden. Fehlen sie, hat man die Gebäude zwar sehr sorgfältig rekonstruiert, dieses Detail aber bewußt ausgelassen.

Hamburg, Blick auf Michel

Hier ist der Michel – mit bürgerlichem Namen: „Sankt Michaelis“ -, das alte Wahrzeichen Hamburgs, nur aus der Ferne zu sehen, für die Nahaufnahme musste ich Pixabay bemühen, das entsprechende eigene Foto habe ich verpennt. Die Uhrzeit konnte man auch aus dieser Entfernung ablesen, denn das Zifferblatt hat einen Durchmesser von acht Metern! Entsprechend haben auch die Zeiger zu tun: Der Minutenzeiger bewegt sich um 35 cm, um die nächste Minute anzugeben, ´´´im Jahr kommen da mal eben 240 km Weg zusammen…

Hamburg Michel
Foto: Pixabay, Klaus Adamsberger
(K)ein Rathaus- für die Speicherstadt
Hamburg Speicherstadt-Rathaus

Es ist nicht wirklich ein Rathaus aber entschieden wird hier trotzdem jede Menge. Der Name „Speicherstadt-Rathaus“ ist also mehr seiner Bedeutung geschuldet, denn hier ist der Sitz der Hamburger Hafen und Logistik AG. Das Gebäude aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts hat den Krieg unbeschadet überstanden und wurde zum 100. Geburtstag komplett saniert. Die Hamburger Freihafen-Lagerhaus-Gesellschaft, wie das Unternehmen früher hieß, hat sich damals das Schätzchen übrigens einiges kosten lassen: rund 600.000 Reichsmark. ChatGPT rechnet das entsprechend der Kaufkraft auf einen heutigen Wert zwischen 4 – 45 Mio Euro um…

(Noch) Kein Weltkulturerbe: Die ELb-Philharmonie
Hamburg Elb-Philharmonie
Hamburg Elb-Philharmonie vom Wasser
Touri-Tipp: Statt Hafenrundfahrt buchen, mit dem öffentlichen Verkehrsmittel Wassertaxi fahren!
Hamburg Elb-Philharmonie Rolltreppe
Die einzige gebogene Rolltreppe der Welt – und mit 82 m schon fast ein eigener Ausflug…

Die Elb-Philharmonie: umstritten, sauteuer – und einfach faszinierend! Sie gehört nicht zum Weltkulturerbe, aber wenn man erfährt, was da an architektonischer Raffinesse, unglaublichen Ideen (auch: unglaublich teuren) und durchdachter, innovativer Gestaltung drinsteckt, kommt einem schon der Gedanke: „…noch nicht“ Es lohnt sich wirklich, darüber mehr zu erfahren, auch wenn man immer wieder den Kopft schüttelt über die exzessive Detailverliebtheit. Mehr dazu.

Für ganz müde: Die große Kaffeebohne
Hamburg Große Kaffeebohne

Wer hätte das gedacht: Eine Kaffeebohne kann auch Kunst sein! Die Große Kaffeebohne ist ein Kunstwerk von Lotte Ranft. Natürlich steht sie auf der Coffee Plaza in der HafenCity. Mit rund fünf Meter ist die Bronzeplastik ein unübersehbares Symbol für die Bedeutung des Kaffees für die Hansestadt. Im 17. und 18. Jahrhundert war Hamburg einer der wichtigsten Kaffee-Transporthäfen Europas. In den Reliefs und Inschriften geht es entsprechend um Produktion, Verarbeitung und den Genuss des braunen Muntermachers. Kaffee gehört bis heute zu den wichtigsten Handelswaren in der Speicherstadt.

Funfact: Die beiden Kaffeeröstereien in der Speicherstadt, die man auch besichtigen kann, sind eigentlich nur aus touristischen Gründen dort. Die „echten“ Röstereien hat man wohlweislich außerhalb der Stadt angesiedelt, denn bei dem Herstellungsprozess entstehen durchaus keine wohlriechende Kaffeedüfte…

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