Kaiser, Götter, ein Fahrrad im Wasser und sehr clevere Technik
Klingt wie eine neuzeitliche Erfindung, oder? Die Bezeichnung stammt sicherlich aus unserer Zeit. In Augsburg haben aber clevere Köpfe bereits im Mittelalter ein sehr fortschrittliches Wasserversorgunssystem aufgebaut. Es gibt opulente Brunnen, Kanäle – insgesamt 150 Wasserläufe – , ein Aquädukt, ein Wasserrad, zehn Wasserkraftwerke, die fünf ältesten erhaltenen Wassertürme Europas und vieles mehr. Bei der Führung erfahren wir, warum Augsburg trotz dreier Flüsse, die durch die Stadt fließen, keine Angst vor Hochwasser hat und wie eine kleine, wassergetriebene Turbine ein vierstöckiges Bürogebäude komplett mit Strom versorgt.
Und warum die I im Titel? Was ich leider nicht gesehen habe, ist das, was mich am meisten interessiert hat: die Technik in den Wassertürmen und den Wasserwerken. Also werde ich Augsburg ein zweites mal besuchen und dann die entsprechenden Touren in die Welt der Archimedischen Schrauben und Turbinen buchen.


Das wasser muss nach oben
Aufgrund der Lage von Augsburg auf einer Anhöhe konnte das Wasser nicht einfach in die Stadt geleitet werden, es musste hochgepumpt werden. Dafür wurden die Wassertürme gebaut. Der Wasserdruck ermöglichte es dann, das begehrte Nass über die Zuleitungen zu den Bürgern der Stadt zu bringen.
Archimedische Schrauben. Bis zum 17. Jahrhundert wurde das Wasser mit sogenannten Archimedischen Schrauben in die Wassertürme gepumpt. Eine beeindruckende Konstruktion, vor allem, wenn man die Zeit bedenkt: Ein spiralförmige Schraube ist um eine Achse gewickelt und leicht geneigt gelagert. In Augsburg wurden sie durch Wasserkraft angetrieben. Das untere Ende taucht in das Wasserreservoir und befördert das Wasser über die Spirale nach oben. Die Konstruktion habt Ihr vielleicht sogar schon mal in anderer Umgebung gesehen: Auf Spielplätzen.

Aus der Katastrophe entsteht die Innovation
Dass Wasser krank machen kann, sehen wir auch heute. Wo den Menschen kein sauberes Wasser zur Verfügung steht, breiten sich tödliche Krankheiten aus. In Augsburg wurde wie viele ander Städte auch im Mittelalter von Seuchen geplagt. Der Stadtrat von Augsburg beschloss den Bau eines öffentlichen Wasserversorungssystems. Das Entscheidende: Es gab nun getrennte Kanalsysteme für Trinkwasser, Brauchwasser und Abwasser.
Mit Wasserkraft zur Wirtschaftsmacht
Im Mittelalter wird Augsburg zum Zentrum der Papier- und Textilindustrie. Dank der cleveren Nutzung der Wasserkraft, um Mühlen, Hammer- und Pumpwerke anzutreiben. Im 19. Jahrhundert wird das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes zum Motor der Industriealisierung – Wasserkraftwerke liefern die Energie, die für den Maschinen- und Turbinenbau benötigt wird. Als unsere Führerin das erzählt, wird mir eine Verbindung in meine Kindheit bewußt: In meiner Heimatstadt Gustavsburg war die MAN – die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg – der größte Arbeitgeber. Die MAN, damals noch Maschinenfabrik Augsburg, begegnet mir auch hier, als Hersteller der Maschinen für die Wasserwerke.
Kaiser & Götter

Zur Stadt mit dem vielen Wasser gehören natürlich auch Brunnen. Viele Brunnen. Die drei Prunkbrunnen werden von VIPs bewacht: Auf dem Marktplatz vor dem Rathaus steht der Augustusbrunnen. Der Kaiser trohnt oben, am Beckenrand tummeln sich vier dekorative Gestalten, die für vier Augsburger Flüsse stehen.




Göttlich wird’s auch bei den beiden anderen Brunnen: Hier trohnen Herkules und Merkur bei der Arbeit auf den Brunnen. Herkules holt mit der Flammenkeule zum vernichtenden Schlag gegen die Hydra aus. Merkur gibt sich dagegen ganz friedlich: Er hat einen niedlichen Amor zu Füßen.



Fun fact I: Schaut Euch mal den rechten Flügel des Amors an. Die ursprüngliche Gestaltung war dem Auftraggeber zu nackt, also musste Amor seinen Flügel zur Verfügung stellen, um das ganze etwas schicklicher zu machen.
Fun fact II: Merkur ist der Gott des Handels. Und der Diebe. Interessanter Interessenkonflikt oder naheliegende Verwandtschaft?
Wasserwerk am roten tor
Nicht alles ist hier aus dem Mittelalter, aber begonnen wurde das Ensemble bereits 1430. Wir sehen drei Wassertürme, zwei Brunnenmeisterhäuser und ein Aquädukt (ein Wort, das ich konsequent falsch ausspreche: Äquadukt…). Wobei… auf unserer Tour ist das Aquädukt hinter jeder Menge Gebüsch verborgen, ich habe deshalb fremd gestöbert und ein Bild mit unbeeinträchtigten Blick gefunden.





(Ab-)Wasserversorgung der bayrischen Art
Sonst für mich eher ein Synonym für einen echt ekligen Ort, ist diese Werbung so lustig, dass man sich fast ein Toilettenhäuschen im Garten wünscht. Und als „Kini“ dort auf dem stillen Örtchen trohnt…

Kindheitserinnerung: Die Augsburger Puppenkiste
Eng verknüpft mit dem Beginn des Fernseh-Zeitalters in meiner Kindheit. Meine Eltern waren ziemlich streng, was das Fernsehschauen angeht: Sandmännchen und Augsburger Puppenkiste waren zunächst das höchste der Gefühle.

Ein Gedanke zu “27. Das Wasser-Managementsystem Augsburg I”