Ich war schon zweimal in Trier: 1979, direkt nach dem Abitur während eines Städte-Trips durch Deutschland. Und vor einigen Jahren in der Arena zu einem Konzert mit Zaz. Bei dem ersten Besuch habe ich auch die Porta Nigra gesehen, aber ansonsten ist mir leider nichts mehr im Gedächtnis geblieben. Umso mehr hat mich die Stadt jetzt beeindruckt, nicht nur wegen des römischen Erbes. Davon gibt es allerdings soviel zu entdecken, dass ich zwei Führungen buchen musste, um alle maßgeblichen Bauwerke zu sehen, die weit verteilt in der Stadt liegen.
Das Wahrzeichen: die Porta Nigra

Die Porta Nigra war schon so einiges: In ihrer ersten Funktion als Stadttor wurde sie im 2. Jh. nie fertiggestellt, die Stadt wurde belagert, es gab Wichtigeres zu tun. Nichtdestotrotz ist sie ein gewaltiges, beeindruckendes Bauwerk. Die rund 7.200 Steinquader wurden erstaunlicherweise nicht mit Mörtel aufeinander befestigt, sondern durch Metallklammern gehalten. Die waren dann später ein begehrtes Diebesgut mittelalterlicher Eroberer. Im 11. Jh. beherbergte sie einen Eremiten, der das mit dem Eremitentum wirklich ernst meinte und sich einmauern ließ. Ihm zu Ehren wurde das Tor nach seinem Tod zur Doppelkirche umgebaut. Napoleon hatte es Anfang des 19. Jahrhunderts dann bekanntermaßen nicht so mit der Kirche und ließ den ursprünglichen Zustand des Tores weitgehend wieder herstellen.
Ist das Dreck und kann weg?
Die Porta Nigra – das schwarze Tor – sieht aus wie ein Opfer jahrhundertelanger Umweltverschmutzung. Unwillkürlich kommen einem bei dem Anblick ihrer schwarzen Mauern Bilder rauchender Schlote in den Kopf. Warum macht die denn keiner sauber, bei einem so bedeutenden Bauwerk? Geht nicht: Die Umwelt kann nichts dafür, die schwarze Farbe entstand durch die Oxidation des Mangans in dem verwendeten Sandstein.
Kuschel-Kirchen
Dom und Liebfrauen-Kirche sind nicht römisch, gehören aber zum UNESCO-Weltkulturerbe. Der Dom ist die älteste Bischofskirche Deutschlands, der Kern ist eine Basilika aus dem 4. Jh.. Die Liebfrauen-Kirche ist eine der ersten gotischen Bauten. Sie sind direkt nebeneinander auf den Resten eines Palastes des römischen Kaisers Konstantin errichtet. Von Außen sind die beiden bei meinem Besuch schlecht zu fotografieren – wegen der Heilig Rock-Tage ist der Vorplatz mit Zelten zugebaut. Aber ein paar Details konnte ich einfangen.
Unsere Führerin hatte bei ihren Erklärungen etwas Mühe, sich gegen die engagiert mit Klavierbegleitung vor leider spärlichem Publikum in einem der Zelte vorgetragenen christlichen Lieder durchzusetzen.


Eigentlich ist der Kreuzgang mit dem Blick von hinten auf den Dom ohnehin schöner, finde ich. Ich habe das schon öfters erlebt: Auch nach Jahrhunderten vermitteln die Kreuzgänge von Kirchen und Klöstern noch die Ruhe und Entspannung, die – neben der praktischen Verbindung von Gebäudeteilen – ihr Sinn waren.




Warum stehen die Kirchen so kuschelig eng beieinander?
Da haben sich die Bauherren tatsächlich so Einiges dabei gedacht. Die gotische Liebfrauen-Kirche wurde im 13. Jh. als Teil des Domkomplexes angebaut. Die beiden Gebäude stehen aber auch für eine Verbindung: Der Dom ist Christus geweiht, die Liebfrauen-Kirche Maria, seiner Mutter. Und ganz praktisch sind sie auch baulich verbunden und wurden entsprechend genutzt.
Die Konstantin-Basilika
Deja vu… Schon in Rom ging es mir so: Klar war der Petersdom beeindruckend. Viel mehr angesprochen hat mich aber eine Basilika: San Paolo Fuori le Mura. So geht es mir auch mit der Konstantin-Basilika versus Dom. Tatsächlich war die Basilika ursprünglich die Audienzhalle des Kaisers Konstantin Anfang des 4. Jahrhunderts. Und der hatte ganz schön raffinierte Tricks drauf, um seine Besucher zu beeindrucken. Zum einen mussten sie den riesigen, bewusst leer gelassenen Raum durchqueren, um zu seinem Thron zu kommen. Außerdem sind die Fenster vorne größer als hinten, was den Eindruck von Größe noch mehr verstärkte.
Architektonische Psychospielchen kennen wir auch heute: Erinnert Ihr Euch an das Bild von Putin mit seinem 6 Meter langen Tisch – an einen Ende er, am anderen der Besucher?



Einfach ein schönes Detail im Mauerwerk der Basilika.
Römisches Vergnügen – die Kaiser-Thermen

Ich komme mir wirklich vor wie in Rom, als wir als erste Station der zweiten Führung die Kaiser-Thermen aus dem 4. Jh. betreten. Unser Führer bringt uns das Leben der Römer nahe, die diese Therme besuchten. Es gab auf dem großen Feld die Möglichkeit zur sportlichen Betätigung, verschieden temperierte Räume zur Entspannung (kalt, lauwarm, heiß) und ein Schwitzbad, das wir heute als Sauna bezeichnen würden. Die Finnen haben also dieses Vergnügen nicht erfunden… Die Nutzung war übrigens kein Privileg der Reichen, römische Thermen standen allen freien Bürgern offen, manchmal sogar Sklaven. Sie waren ein sozialer Treffpunkt. Allerdings: Es ist fraglich, ob und wie die Kaiser-Thermen überhaupt genutzt wurden. Endgültig fertiggestellt wurden sie auf jeden Fall nicht.
Das Wasser für die Thermen kam übrigens nicht aus der nahen Mosel sondern über 13 km Wasserleitungen aus der Ruwer. Das Moselwasser war zu dreckig…
Fun fact: Die Toiletten verdienten definitiv nicht die Bezeichnung „Stilles Örtchen“. Sie wurden gemeinsam genutzt und man unterhielt sich auch während des Geschäftes über Geschäfte oder Privates.




Meine Lieblingsorte liegen unter der Erde. So faszinierend, dass ich sogar vergessen habe, dass ich leicht klaustrophobisch bin. An diesem sonnigen Tag haben mich vor allem die Lichtspiele in den Bann gezogen – und das Bewusstsein, mich in Gängen zu bewegen, die vor 2.000 Jahren geschaffen wurden. Was wird wohl in 2.000 Jahren noch von den Tunnel und Kellern unserer Zeit erhalten sein?






Die Barbara-Thermen – so ging Heizung vor 2.000 Jahren
Hypokaustum, das habe ich in der Schule schon gehört und nicht vergessen. Es heißt übrigens „darunter anzünden“ oder „darunter verbrennen“. Während unsere im Mittelalter gebauten Burgen mehr schlecht als recht durch Feuerstellen geheizt wurden (die Durchschnittstemperatur war vermutlich 10-15° im Winter), genossen die Römer schon im 1. Jh. vor Chr. kuschelige Wärme durch Fußbodenheizungen. Durch Öfen erwärmte Luft zirkulierte in den Schächten und Röhren der Anlage. Ursprünglich nur in den Thermen, später auch in Privathäusern. In den Wohnräumen erreichte man damit Temperaturen wie heute mit unseren Heizungen: 20-25°.

Fun fact: Als ich „Römische Heizung“ bei Google eingegeben habe, um die Schreibweise des lateinischen Begriffes zu überprüfen, komplettierte Google es mit „….gesetz“
War war diese Barbara? Eine christliche Märtyrerin, also kaum das passende Vorbild für römischen Namensgeber. Die Thermen wurden entsprechend erst in unserer Zeit nach dem Trierer Viertel St. Barbara benannt, in dem sie gefunden wurden. Was man auf dem Gelände sieht, ist lange nicht so beeindruckend, wie die vielen erhaltenen Bauten der Kaiser-Thermen. Denn wie so oft bei römischen Bauten wurden auch diese von späteren Eroberern als Steinbruch benutzt. Und erst die anschauliche Beschilderung vermittelt einen besseren Eindruck von der römischen Thermenanlage aus dem 2. Jh. mit der größten Fläche nördlich der Alpen: 42.500m². Im ganzen römischen Reich waren nur die Trajans-Thermen in Rom größer.


Die Beauty-Farmen der Antike
Wer denkt, Selbstoptimierung sei eine Erfindung unserer Zeit, könnte sich nicht mehr irren. Schon bei den Römern tat man so einiges, um möglichst gut auszusehen. Und das, obwohl es kein Instagram, kein Tik-Tok, kein Facebook gab! Das galt übrigens für Männer und Frauen. Massagen, Peelings, Haarentfernung, Gesichtsmasken, Cremes gegen Falten und Hautunreinheiten, Maniküre und Pediküre – ein Angebot, das sehr gut zu einem heutigen Kosmetiksalon passen würde.
Auch sehenswert…
Definitiv seltener als römische Bauten in Trier: Ein extrem schnittiger Lamborghini! Ich konnte nicht widerstehen, ihn zu fotografieren – schöne Auto sprechen einfach genauso meinen Sinn für Architektur und Ästhetik an, wie alte oder neue Gebäude.

Ein Schiff wird kommen…

…und es bringt Wein. Mein Andenken an Trier ist eine Bronze des Neumagener Weinschiffs. Es gehört zu einem Grabmal aus der Zeit um 220 n. Chr.. Zwar nicht in Trier gefunden aber im Rheinischen Landesmuseum in Trier ausgestellt. 2007 haben übrigens Auszubildende der Handwerkskammer Trier das Schiff nachgebaut: 4,20m breit, 17,95m lang, 3,90m hoch. Mehr darüber.

Ein Gedanke zu “23. Trier: Römisches Erbe, Dom und Liebfrauen-Kirche”