Es gab einen kurzen Moment, in dem der blaue Himmel zu sehen war und den musste ich nutzen, um Herrn Herkules in Szene zu setzen. Er lehnt sich lässig auf seine Keule und blickt über „seine“ Stadt Kassel. Wobei Herkules natürlich nie in Kassel war, was alleine schon dadurch verhindert wurde, dass er eine Sagengestalt ist…
Was hat er also hier zu suchen? „Wir sind vielleicht klein, aber wir können was“, diese Worte legte unsere Führerin durch den Bergpark, Monika Paar, dem Landgrafen Karl von Hessen-Kassel in den Mund. Er wollte mehr sein als ein kleiner Landgraf und auf dem Weg zum Kurfürsten sollten ihm imposante Bauten helfen. Hat übrigens nicht geklappt …

Den Spruch „Das war eine Herkules-Aufgabe“ haben die meisten von uns vermutlich schonmal gehört. Eigentlich gar kein so positiver Bezug: Die zwölf Heldentaten musste Herkules nämlich als Sühne für einen Mord vollbringen…
Zurück zu Karl, dem Grafen. Der wollte mit dem insgesamt 71m hohen Denkmal also seinen Status zeigen. Der stattliche 8,30m große Halbgott Herkules bekam drei Attribute: Das Fell des Nemeischen Löwen, dessen Tötung eine der Herkules- Aufgaben war, bedeckt die 3,50m hohe Keule. Diese steht für Kraft. Und schließlich hält er die drei goldenen Äpfel der Hesperiden, Sinnbild für Liebe, Fruchtbarkeit und ewige Jugend.
Gebaut wurde die Statue zwischen 1713-1717 und mehr als 300 Jahre später ist sie immer noch das Wahrzeichen von Kassel. Auch wenn es mit dem Kurfürsten-Status nichts wurde, letztendlich hat Karl auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Grandioser Blick & Durchblick




Einmal Herkules sein – kein Problem! Zumindest für ein Foto kann sich jeder Besucher oben auf der Plattform so heldenhaft fühlen. Aber der Ausblick alleine ist schon den Weg über die Treppen nach oben wert.
Aber der stattliche Herkules braucht mehr Stütze als durch seine Keule. Der beim Bau des Gebäudes verwendete Tuffstein war vielleicht in der trockenen, sonnigen italienischen Heimat seines Erbauers Giovanni Francesco Guerniero ein idealer Baustoff – im kühlen Nordhessen nagt der Zahn der Zeit heftig an ihm und macht den Herkules zu einer Dauerbaustelle.

Doch auch der Blick auf Gerüste kann seinen Reiz haben…

Herkules‘ Schwester in Amerika


Na ja, geschwisterlich ist nur die Bauweise der beiden Statuen: Die Herkules-Statue ist aus 21 dünnen Kupferblechen gefertigt, die dann zusammengesetzt wurden. Was Anfang des 18. Jahrhunderts eine innovative Technik des Augsburger Goldschmieds Johann Jacob Anthoni war, kam auch in den frühen 1870er Jahren in Frankreich bei der Gestaltung der Freiheitsstatue zum Einsatz.
Herkules erklärt die Wasserspiele

Das Besucherzentrum Herkules ist Ausgangspunkt der Führungen und zeigt moderne Betonoptik. Innen gibt’s natürlich auch Andenken – und ein Erklärvideo zu den Wasserspielen von Herkules persönlich. Für mich faszinierend: Die gesamten Wasserspiele funktionieren ohne Pumpen, nur durch die geniale Nutzung der Schwerkraft.
Wasser nach Plan
- 14:30 Uhr: Herkules
- 14:35 Uhr: Kaskaden
- 15:05 Uhr: Steinhöfer Wasserfall
- 15:20 Uhr: Wasserfall an der Teufelsbrücke
- 15:30 Uhr: Aquädukt
- 15:45 Uhr: Große Fontäne
Eigentlich müsste man alle Orte als Video zeigen – das Zusammenspiel von Anblick, Sound und Gefühl des Wassers ist das wahre Gesamtkunstwerk. Dummerweise hatte ich meine Powerbank vergessen und schon am Startpunkt unterhalb der Herkules geriet mein Handyakku in bedenklichen Niedrigstand. Aber wozu gibt’s das Internet – die ARD Dokumentation „Weltwunder in Hessen“ zeigt nicht nur die Wasserspiele selbst, sondern auch die spannende Arbeit im Hintergrund und was es sonst noch zu entdecken gibt im Bergpark. Und für’s Gefühl: Vielleicht eine Sprühflasche bereitstellen und beim Videoschauen nutzen?
Es geht los – und der Zentaur schweigt
Auch wenn das vermutlich nicht der Grund war: Die Tatsache, dass die Wasserspiele nicht ständig zu sehen sind, machen das Ganze erst so richtig spannend, wie man auch an dem „Ah!“ und „Oh!“ der hunderte Zuschauer hören kann. Anhand des festen Zeitplans kann man dem Lauf des Wassers nach unten über die Treppen folgen. An bestimmten Orten sammeln sich deshalb die Menschen und erwarten gespannt das heranschießende Wasser. Los geht’s natürlich zu Füßen des Herkules-Bauwerkes.
Das Wasser sollte eigentlich auch das Horn des Zentauren rechts zum klingen bringen. Tat es aber erstmal nicht. Doch ein Wassertechniker war schnell zur Stelle und sorgte für den gute Ton. Und so hört sich das an:

Wenn man den ganzen Weg mit dem Wasser mitlaufen will, geht man 535 bzw. 539 Stufen nach unten, je nachdem, auf welcher Seite man läuft.
Fun fact: Hier gibt es tierische Rasenpfleger – Schafe halten das Gras kurz. Ein echter Rasenmäher würde für fliegende Grashalme sorgen und die will man auf keinen Fall in den Wasserbecken haben. Deshalb wurden übrigens auch die Tannen entlang der Kaskaden gepflanzt, sie halten das Laub der Bäume dahinter ab.

Wie das heute oft so ist: Wo viele Menschen sind, braucht man Security, um gesunden Menschenverstand und Rücksicht durchzusetzen. Die Damen und Herren im Bergpark machen das laut und mit scharfen Ansagen. Nicht angenehm, aber ich kann mir vorstellen, dass das heute im Zeitalter von Wer-macht-das-coolste-Foto-für-Insta nicht anders geht.

Die Kunst, Brücken zu bauen, die Wasser transportierten – Aquädukte – , gibt es schon seit mehr als 3.000 Jahren. Wir verbinden sie meist mit den Römern, aber schon dem Ägypter Ramses werden im 13. Jh. v. Chr. solche Bauwerke zugeschrieben. Sie beeindrucken bis heute und haben auch die Herrscher vor 300 Jahren fasziniert. So auch Landgraf Wilhelm IX, der Urenkel von Karl. Der schaffte es übrigens dann auch, die Ambition seines Urgroßvaters, Kurfürst zu werden, zu erfüllen

Die heutige Teufelsbrücke entstand 1826 und ersetzte den Vorgänger aus Holz. Den Namen verdankt sie natürlich den „Zähnen“ im Bogen der Brücke. Besonders plastisch wird der Eindruck, wenn sich der Brückenbogen im Wasser spiegelt und das Teufelsmaul komplettiert.

Die Mutigsten saßen ganz vorne am Rand des Teiches. Es kam wie es kommen musste: Der Wind drehte und blies uns einen Teil der 50m hohen Fontäne ins Gesicht. Auf dem Foto kann man die gesamte Höhe gar nicht sehen – sie scheint sich mit den dicken Wolken zu vermischen.
Wie erbt man eine Braut?
Das könnte doch der Titel eines Hollywood-Blockbusters sein, oder? So einige Filme mit Bräuten gibt es ja schon: „Selbst ist die Braut“, „Verliebt in die Braut“ oder „Die Braut die sich nicht traut“. Die Braut Maria Amalia von Kurland traute sich gleich zweimal: Sie war mit Karls älterem Bruder Wilhelm verlobt, der starb jedoch mit nur 19 Jahren. Doch die zweite Wahl war offenbar eine gute – die Ehe galt als glücklich.

Ein Gedanke zu “22. Bergpark Kassel”